Am 14. und 15. September fand in diesem Jahr die erste Konferenz zu freien Bildungsmedien (kurz OER – Open Educational Ressources) in Deutschland statt. Nach dem Auftakt Konferenz im Jahre 2012 in Paris, möchte Deutschland mit einer eigenen Konferenz in diesem Jahr nachlegen. Über 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten sich angemeldet, um die Aktualität und Wichtigkeit des Themas unter Beweis zu stellen.
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Neben klassischen Vorträgen, die an sechs unterschiedlichen Orten in der traditionsreichen Berliner Kalkscheune parallel vorgetragen wurden, wagte das Orga-Team mit zwei besonderen Formen einen mutigen Schritt in Richtung einer offeneren Konferenzform: ein Speedlab und ein Barcamp.
Ein Speedlab funktioniert so: Nach einem fünf-minütigen Kurzvortrag schließt sich eine 15-minütge Diskussion an. Als Teilnehmer konnte man nach diesem Zeitraum zu einem anderen Thema und Ort wechseln. Denn: diese Kombination fand gleich zweimal statt.
Ein Barcamp basiert dagegen auf einer spontanen Themen- und Arbeitsgruppenfindung. Ein Thema kann jeder Teilnehmer vorschlagen. Wenn es gut ist, schließen sich andere Teilnehmer an und man bildet eine Arbeits- oder Diskussionsgruppe. Da weder die Vortragenden noch die Teilnehmer vorher feststehen, bleibt diese Veranstaltung offen für spontane Experimente.
Planung der Barcamp-Sessions
Doch worum ging es den Referenten und Veranstaltern inhaltlich bei der Veranstaltung? An vielen Stellen wurde über Rahmenbedingungen, Infrastruktur und Begriffsdefinitionen gesprochen. Es ging um die Definition des Begriffes OER an sich – was bedeutet das Open in OER? Was ist OER eigentlich? Materialien oder ein Prozess? Was sind Ressourcen? Welche persönliche Einstellung wollen wir mit diesem Begriff verbinden?
Wenngleich diese Form der Begriffsfindung wichtig ist, so wirkte sie auf mich in weiten Teilen wenig zielführend und stellenweise zu akademisch. Ich hätte mir an dieser Stelle eine Definition gewünscht, die sich an erfolgreichen Projekten orientiert.
Daneben gab es einen starken Fokus auf dem Suchen und Finden von Materialien: Wie sollen spezielle Suchmaschinen die Materialien darstellen und finden? Wo kommen die Inhalte eigentlich her und wer soll es finanzieren? Welche Rechte müssen wir beachten, wenn wir Inhalte erstellen oder verwenden? Der letzten Punkte spricht auf die Lizenzproblematik freier Inhalte an. Lizenzen sind sicherlich ein wichtiges Thema – für Juristen. So wirkten die teils hitzigen Diskussionen um das Problem der Lizensierbarkeit für mich als Lehrer irritierend bis langweilig. Vielleicht muss ich mich damit in Zukunft auseinandersetzen?! Eigentlich will ich das aber nicht. Sprecht miteinander und macht gemeinsam coole Projekte, ist daher mein Appell.
Was mir vielmehr fehlte waren didaktische Konzepte, die gerade uns Lehrern helfen, die Materialien sinnvoll einzusetzen. Ebenso wichtig ist es, die neuen Technologien mit etablierten Techniken zu verbinden. Der Begriff der Adäquatheit wurde nur selten thematisiert, OER im Überschwang der Begeisterung vielfach mit Qualität gleichgesetzt.
Auch war ich mir nicht im Klaren, auf welchen Lernertyp sich die OER fokussieren soll. So hatte ich bei vielen Ansätzen die Vorstellung, dass sie vielfach leistungsstarke Schülerinnen und Schüler ansprechen, schwächere Lerner dabei aber Außen vor bleiben. Es wurde viel über Material gesprochen und wenig über die Art und Weise, wie Wissen oder Kompetenzen durch OER vermittelt werden soll. Im Sinne einer konstruktivistischen Sichtweise, in der sich der Schüler und die Schülerin das Wissen selbständig konstruiert, blieb offen, wie OER hier weiterhelfen kann. Hier hat mir besonders gut eine Barcamp-Session gefallen, die den Einsatz von Wikis an einer Kölner Schule vorstellte.
Für die Zukunft wünsche ich mir daher einen weniger technischen Diskurs. Ich freue mich darauf, erfolgreiche Projekte im Schulkontext zu sehen, die OER verwenden und erstellen. Insbesondere Schülerinnen und Schüler können und sollen in den Prozess der Produktion mit eingebunden werden. Die Plattformen hierfür sind meiner Meinung nach vorhanden oder lassen sich nutzbar machen. Erweiterungen und Neuerungen an diesen Plattformen sollten sich am Bedarf orientieren und die Energie für Neuentwicklungen zweckgerichtet einsetzen.
Insgesamt ziehe ich ein positives Fazit und möchte mich ausdrücklich für die hervorragende Organisation bei allen Veranstaltern bedanken. Der Ort, die freiwilligen Helfer, die Programmgestaltung, das Essen und die Atmosphäre haben die Konferenz zu einem großen Erfolg gemacht.
Abschließend möchte ich mich bei der Zentrale für Unterrichtsmedien e.V.(kurz ZUM) dafür bedanken, dass sie den Besuch dieser Veranstaltung für mich möglich gemacht hat.