Die Begriffe Graphic Novel, Comic und sequentielle Kunst meinen eigentlich alle dasselbe. Sie erzählen eine Geschichte in mehreren Bildern. Doch muss es nicht zwangsläufig eine fiktive Geschichte sein. Ebenso können es eine Autobiographie oder ein Sachtext sein, die ihr Sujet in Bildform transportieren. Am geläufigsten sind uns vermutlich die Comics, die fantastische Geschichten von Superhelden erzählen oder uns in Tageszeitungen zum Lachen oder Schmunzeln bringen. Das Gebiet ist jedoch ein deutlich weiteres Feld - wie ich in den letzten Wochen erfahren durfte.
In dem folgenden Video stellt Michael Chaney das Genre bzw. Medium an repräsentativen Exemplaren vor. Es ist spannend, wie tief er die Werke zu deuten vermag und welche Kraft in den Bildern und dem, was zwischen ihnen passiert, steckt.
In einem ausführlichen Beitrag bei arte wird das Comic als Kulturphänomen untersucht. Amerikanische Comics und asiatische Mangas entwickelten sich aus ganz unterschiedlichen Traditionen und haben daher auch ganz eigene Werke hervorgebracht,
Eine weitere und umfangreichere Dokumentation mit Namen Superheroes beschreibt in drei Teilen die Geschichte des amerikanischen Comics und der unteilbar mit ihnen verknüpften Verlage D.C. und Marvel.
Doch wo fängt man an? Wie nähert man sich dem Genre am besten?
Bei einem ersten Blick in eine Bahnhofsbuchhandlung wurde ich von meterbreiten Regalen und scheinbar endlosen Fortsetzungsgeschichten mit fremd anmutenden Themen bald abgeschreckt. Auf der Seite graphic-novel.info wurde ich jedoch fündig und habe eine gute Auswahl mit Werken für den Einstieg gefunden. Auch Preisträgerlisten des Max und Moritz- und des ICOM Independent Comic-Preises laden zum Stöbern etwas abseits des Mainstream ein. Schließlich helfen die Immer wieder interessanten Besprechungen von Comics im Comic Review Podcast dabei, einen guten Überblick über aktuelle Veröffentlichungen zu erhalten.
Nach einem Blick in den Katalog unserer Stadt-Bibliothek weiß ich: hier bekomme ich viele Werke zum kleinen Preis - nämlich kostenlos, Comics richtig lesen von Scott McCloud ist eines davon und gilt als Standardwerk der Comicliteratur. Aber auch über die Szene hinaus hat das Werk zu Beginn des Jahrhunderts starken Einfluss auf die Gestaltung im Web genommen. Es beschreibt fundamentale Konzepte einer symbolischen Bildsprache und spannt einen theoretischen Rahmen über das scheinbar simple Werk der Comics. Interessanterweise tut McCloud genau dies in Comicform. Ich kann das Buch allen empfehlen, die sich auf der Metaebene mit Comics beschäftigen wollen oder Vorbehalte gegenüber dem Genre haben.
Kostprobe gefällig? Hier versucht sich McCloud z.B. an einer Definition des Comic-Begriffes in Form eines Comic-Strips.
aus: "Comics richtig lesen", S. 13
Weitere interessante Comics, die ich in den letzten Tagen und Wochen gelesen habe, sind die spannende post-apokalyptische Serie The Walking Dead und die mehrere Generationen umspannende Geschichte des phlegmatischen Jimmy Corrigan – Der klügste Junge der Welt.
Die amerikanische Zombie-Serie "The Walking Dead" beruht lose auf einem Comic. Er ist spannend erzählt und in Deutschland mittlerweile in 21 kleinen Büchern erschienen.
Das zweite Buch "Jimmy Corrigon" erzählt eine traurige Geschichte in sehr vielen liebevoll reduzierten Bildern. Dabei beschreitet es bisweilen experimentelle Wege, wenn Bastelanleitungen im Buch auftauchen oder man das Buch während des Lesens auf einmal drehen muss.
Wenn ihr weitere Vertreter des Genres empfehlen könnt, freue ich mich auf eure Kommentare. Bis dahin tauche ich ab in diese spannende Welt aus Text, Bildern und der phantastischen Lücke dazwischen.